9. September 2023

9. September: Tag des alkoholgeschädigten Kindes

Lengerich. Auf Initiative der Organisation FASD Deutschland e.V. wird seit 1999 jedes Jahr am 9. September der Tag des alkoholgeschädigten Kindes begangen. Im Rahmen des Aktionstages initiierte die Suchtberatungsstelle der Diakonie in Lengerich ein Kooperationstreffen gemeinsam mit der „Deutschen FASD Stiftung. Kein Alkohol in der Schwangerschaft“ und den Frühen Hilfen im Kreis Steinfurt, um das Thema in den Fokus der Öffentlichkeit zu lenken und auf Hilfs- und Beratungsangebote für Betroffene einer FASD hinzuweisen.

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung werden in Deutschland jedes Jahr etwa 10.000 Neugeborene mit Alkoholschäden zur Welt gebracht – die FASD (Fetal Alcohol Spectrum Disorder) stelle demzufolge die häufigste aller angeborenen Erkrankungen dar. Insgesamt sind in Deutschland ca.1,5 Mio. Menschen betroffen. „Dabei ist FASD eine zu 100% vermeidbare Behinderung, die durch Alkoholkonsum während der Schwangerschaft entsteht“, berichtet Helma Mews, Gründerin der Deutschen FASD Stiftung. „Selbst bei geringem oder nur gelegentlichem Alkoholkonsum kann das Ungeborene irreversibel geschädigt werden“.  Dabei kann das Spektrum der Beeinträchtigungen von leichten Konzentrationsproblemen bis zu starken Schäden in der geistigen und motorischen Entwicklung, Wachstumsstörungen und

Gesichtsfehlbildungen reichen; viele Betroffene sind ihr Leben lang auf Unterstützung angewiesen. Doch diese dringend benötigten Hilfen zu erhalten, sei besonders für Betroffene ohne stabilen familiären Hintergrund nicht immer einfach und vielfach mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden, mahnt Stiftungsgründerin Mews. Dem kann Ulla Voß-Joubert, Leiterin der Suchtberatungsstelle der Diakonie in Lengerich, zustimmen: „Wir benötigen vor allem niedrigschwellige Angebote und leicht zugängliche Beratung für Betroffene.“

Vom Verdacht, über die Diagnose bis hin zur benötigten Unterstützungsleistung sei es häufig noch ein langer Weg: „Was helfen würde, ist mehr Sichtbarkeit zu schaffen“, fordert Ulla Voß-Joubert. „Wir müssen weg vom Sozialtabu, Scham und Schuldzuweisungen hin zu mehr Aufklärung und mehr Hilfsangebote für Betroffene im Alltag.“ Dabei müssten vor allem die Fachkräfte in den Blick genommen werden: Ärztinnen und Ärzte, Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher – aber auch die pädagogischen Fachkräfte in Jugendämtern und Beratungsstellen, so die Expertin weiter. „Nur, wenn Fachkräfte eine Diagnose erkennen und ernstnehmen, können Bedarfe erkannt und individuelle Unterstützung zugänglich gemacht werden.“ Auch präventiv müsse mehr getan werden, sei es an Schulen und Universitäten oder als Fortbildungen für (medizinisches) Fachpersonal: „Die weitreichenden Folgen des Alkoholkonsums in der Schwangerschaft sind vielen Frauen einfach nicht bewusst und betrifft alle gesellschaftlichen Schichten“, so Mews. Hier müsse mehr Aufklärung und Prävention erfolgen. „Dieses Kooperationstreffen ist dafür ein weiterer wichtiger Schritt“, sagt Katharina Hoffmann von den Frühen Hilfen im Kreis Steinfurt. Nur, wenn Kooperationspartner und Fachpersonal gut vernetzt seien und ein Dialog geschaffen werde, können Verbesserungen für die Lebensrealität von Betroffenen erzielt werden. Weitere Treffen werden folgen, da sind sich alle Beteiligten einig.

Foto: v.l. Helma Mews (FASD Stiftung), Katharina Hoffmann (Frühe Hilfen Kreis Steinfurt) und Ulla Voß-Joubert (Leiterin der Suchberatung Lengerich)

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